1 x von Gotha nach Tabarz – eine Fahrt mit der Linie 4
Unsere Fahrt beginnt am Hauptbahnhof von Gotha – von hier geht es zunächst durch die Stadt. Schon bei der 15minütigen Fahrt durch Gotha kann man einen Blick auf die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der im Jahre 775 gegründeten Stadt werfen, so u. a. auf den Orangeriepark, der auch einen Aufgang zum Wahrzeichen der Stadt, dem frühbarocken Schloß Friedenstein (gebaut 1643 – 1656) mit dem berühmten Ekhoftheater, besitzt. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, die vielfältigen Sehenswürdigkeiten, wie z. B. die über 100jährige Wasserkunst am oberen Hauptmarkt, unterhalb des Schloßberges gelegen, bei einem Stadtrundgang näher zu betrachten.
Nach dem Passieren der Haltestelle Wagenhalle, in deren unmittelbarer Nähe sich unser Betriebshof befindet, beginnt der eingleisige Abschnitt der Thüringerwaldbahn. 65 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit und die seltene Technologie des Fahrens nach Kreuzungsplan bestimmen den Betriebsablauf auf der kurvenreichen Strecke. Nachdem die letzte Stadthaltestelle Sundhausen erreicht wurde, gibt die Landschaft den Blick auf den Großen Inselsberg frei. Kurz vor dem Erreichen der Haltestelle Boxberg präsentiert sich uns ein herrlicher Mischwald, welcher sich bis zur traditionsreichen, im Jugendstil gebauten Pferderennbahn erstreckt.
Wenn man hier die Bahn verläßt, kann man auf ruhigen Waldwegen die Rennbahn und die Gaststätte “Thüringerwaldblick” mit einen herrlichen Panoramablick über den Thüringer Wald bis hin zu den Hörselbergen erkunden.
Parallel zu Landstraße nach Friedrichroda wird die Umsteigestelle Waltershausen Gleisdreieck, ein doppelseitig ausgebautes – etwa gleichschenkliges Dreieck erreicht. Hier zweigt die 2,4 km lange Strecke zum Bahnhof Waltershausen, welche im Pendelzugverkehr betrieben wird. Sollten Sie einen Abstecher nach Waltershausen planen, so schauen Sie sich auf jedenfalls den nur wenige Minuten vom Bahnhof entfernten Markt mit seiner Stadtkirche – einem bedeutenden Sakralbau des Spätbarocks in Thüringen – und das wieder restaurierte und historisch wertvolle Rathaus – das Älteste dieser Bauart (Ständerfachwerkbau, 555 Jahre alt) im mitteldeutschen Raum – an. Lohnenswert ist auch ein Besuch des Schlosses Tenneberg, des heutigen Heimatmuseums der Stadt Waltershausen, welches auch eine Ausstellung zum heimischen Puppenherstellung präsentiert.
Die Stammstrecke führt nun vom Gleisdreieck wieder zur Haltestelle Waltershausen / Schnepfenthal. Berühmt wurde dieser Ort durch die Gründung der “Salzmannschule”, welche heute wieder ein Gymnasium mit Internat beherbergt. Hier gelang es dem Theologen Christian Gotthilf Salzmann erstmals, progressive pädagogische Auffassungen in der Bildung und Erziehung zu verwirklichen. An dieser traditionsreichen Stätte wirkte auch Guts Muths, der sein Konzept der Körpererziehung erfolgreich durchsetzte.
Gegenüber der Haltestelle Waltershausen / Schnepfenthal liegt der gleichnamige Eisenbahnhaltepunkt der normalspurigen DB-Kursbuchstrecke 606 Fröttstedt-Friedrichroda (Länge 9,9 km, 5 Stationen, 1 Tunnel). Über 2 Kilometer verlaufen Waldbahn- und Eisenbahnstrecke dann nebeneinander auf einem gemeinsamen Bahnkörper in Richtung Friedrichroda. Diese Seltenheit ist bis heute immer wieder ein beliebter Anziehungspunkt für Fotofreunde.
Hinter Schnepfenthal fährt die Waldbahn in das Tal des “Badewassers” mit den romantischen Reinhardsbrunner Teichen, nach denen auch eine Haltestelle benannt wurde. Schon in grauer Vorzeit widmeten sich die Mönche des Klosters Reinhardbrunn der Fischzucht. Diese Tradition wird auch gegenwärtig durch die sehr bekannte Forellenzucht erfolgreich fortgeführt. Auf einem dieser Teiche fahren heute bunte Gondeln. Eine willkommene Gelegenheit, sich auf dem Wasser die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen.
Als nächste Haltestelle erreicht man Reinhardsbrunn Bahnhof. Hier bestehen günstige Umsteigemöglichkeiten zu den Zügen der Deutsche Bahn AG und zu mehreren den Thüringer Wald überquerenden Buslinien.
Unweit dieser Haltestelle befindet sich das ehemalige Jagdschloß der Gothaer Herzöge, Schloss Reinhardsbrunn, inmitten eines Parks. Leider kann das Schloss und der Park nicht besichtigt werden.
Der nächste Halt ist Friedrichroda, ein altbekannter und beliebter Erholungsort im Thüringer Wald. Das Bergstädtchen ist Ausgangspunkt zahlreicher Wanderwege über den bekanntesten Rennsteig, der wieder auf durchgängig 168 Kilometer begehbar ist. Gegenüber der Waldbahnhaltestelle lädt ein herrliches Freibad zum Erfrischen ein.
Kurz vor der Einfahrt in die Station Marienglashöhle wird der “Waldbahncharakter” so richtig spürbar – hier kommen Sie an dem gleichnamigen Besuchermagnet – einer faszinierenden Kristallglashöhle mit einem Höhlensee vorbei. Eine bunte Welt aus Gipskristallen lädt zur Besichtigung ein. Diese Attraktion sollten Sie sich nicht entgehen lassen.
Am Fuße des Inselsberges, der mit einer Höhe von 916 Metern der markanteste und höchste Berg des nordwestlichen Thüringer Waldes ist, liegt der anmutige Kur- und Erholungsort Tabarz (450 ü NN). Mit seinen vielartigen Fremdenverkehrseinrichtungen, wunderschönen Wanderwegen sowie stattlichen Villen und Pensionshäusern ist dieser kleine Ort schon seit mehr als 100 Jahren ein beliebter Anziehungspunkt für Menschen, die Erholung und Entspannung suchen. Wanderungen durch den Lauchagrund oder die Besteigung des Inselsberg sind beliebte Erlebnisse. Ein ideales Ziel für einen Familienausflug ist die unweit des Kleinen Inselsberg gelegene 1000 Meter lange Sommerrodelbahn. Übrigens verfügt dieser schmucke Ort über ein Kur- und Familienbad mit Erlebnisbecken, welches eine Anziehungspunkt für Gäste aus nah und fern ist.
Hiermit endet nach 21,7 km und knapp 60 Minuten unsere Fahrt durch den Thüringer Wald.
Hinweise zur in der Nachbarschaft verlaufenden Eisenbahnstrecke Fröttstädt – Friedrichroda
Fast einzigartig in Deutschland ist der gemeinsame Verlauf einer Eisenbahn- und einer Straßenbahnstrecke. Rund zwei Kilometer verlaufen die „Friedrichrodaer Bahn“ und die Thüringer Waldbahn parallel zueinander. Dabei kommt es hin und wieder zum Zusammentreffen von Eisenbahn und Straßenbahn.
Die heute „Friedrichrodaer Bahn“ genannte Strecke, wurde in mehreren Teilabschnitten eröffnet und führte einst bis Georgenthal. Dabei ist der Abschnitt Fröttstädt – Waltershausen die älteste Nebenbahn Thüringens.
Die Strecke zweigt im Keilbahnhof Fröttstädt von der Hauptbahn Halle – Bebra ab. Sie ist eingleisig. Im Bahnhof Waltershausen kann gekreuzt werden. Dieser Bahnhof hat Rückfallweichen. Kurz nach dem Bahnhof Waltershausen überquert die Thüringerwaldbahn die Friedrichrodaer Bahn mittels einer Betonbrücke.
Ab dem Haltepunkt Waltershausen-Schnepfenthal beginnt der gemeinsame Streckenverlauf mit der Thüringer Waldbahn durch idyllische Waldgebiete mit einer teilweisen Sicht auf die Reinhardsbrunner Teiche. Kurz vor dem Haltepunkt Friedrichroda-Reinhardsbrunn mit seinen in der Sanierung befindlichen historischen Gebäuden (einschließlich Fürstenpavillon) trennen sich beide Bahnen wieder. Anschließend verschwindet die Eisenbahnstrecke im Friedrichrodaer Tunnel, um dann Friedrichroda zu erreichen. Dort endet die Strecke stumpf mit dem Bahnsteiggleis. Umsetzmöglichkeiten für lokbespannte Züge sind nicht mehr vorhanden, so dass bei diesen der Einsatz einer zweiten Lokomotive notwendig ist. Bis 1945 verlief die Strecke weiter, genannt „Waldsaumbahn“, bis Georgenthal.
Die typischen Fahrzeuge der 1970er und 1980er Jahre waren die DR Baureihen 110/112 für die Personenzüge, die meist mit vierteiligen Doppelstockeinheiten im Wendezugbetrieb gefahren wurden, im Einsatz. Für den Feriendienst des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes – FDBG wurden zeitweise Schnellzüge bis Friedrichroda mit den Baureihen 118 und 132 gefahren. Im Güterverkehr war meist die Walterhausen stationierte Rangierlok (Baureihe 106/105) im Einsatz. Auf der Friedrichrodaer Bahn besteht Technisch unterstützter Zugleitbetrieb. Heute wird die Strecke im Stundentakt mit Dieseltriebwagen des Typs Regioshuttle der Süd-Thüringen-Bahn GmbH bedient. Sonderzüge, die auch parallel zu Sonderfahrten auf der Thüringer Waldbahn verkehren, sind nach der jetzigen Fahrplanlage möglich. Nähere Informationen erhalten Sonderzugbetreiber beim Infrastrukturbetreiber, der DB Netz AG. Wir unterhalten Kontakte zu verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen, die für Sonderzüge eine zweite Lok und auch streckenkundige Lotsen stellen können.
Es ist jedes Mal ein reizvolles Spektakel, wenn sich große und kleine Bahn anschicken, um ein Rennen zu zelebrieren!
Ein Umstieg vom Sonderzug in die Sonderwagen der Thüringer Waldbahn, um zum Beispiel dann die Marienglashöhle oder Tabarz zu erreichen, ist ein Erlebnis, was es kaum irgendwo anders in dieser Form gibt.